„Wir gehen davon aus, dass sich mehr junge Leute mit der Kynologie beschäftigen.
Das Verantwortungsbewusstsein der Hundeeigentümer muss erhöht werden. Dadurch erwarten
wir eine größere Offenheit gegenüber unseren Haustieren und unseren Hobbys“, erklärt
Frau Ramune Kazlauskaitė. Sie ist die Präsidentin des litauischen Kennel Clubs (LKD)
und eine begeisterte Unterstützerin der Initiativen für Jugendliche.
Angesichts der vielen Aktivitäten für junge Leute und der Ausbildung eines breiten
Publikums hat FCI Youth mit der Spitze des litauischen kynologischen Verbandes ein
Interview über Fragen der Ausbildung und über die Zukunftsperspektiven für die Kynologie
geführt.
Hundeausstellungen und Hundezucht gehören zu den Grundlagen der Kynologie. Was bedeutet
Kynologie für Sie?
Obwohl der größte Teil der Hundewelt sich auf Hundeausstellungen und die Zucht von
Hunden beschränkt, war ich schon immer der Auffassung, dass Kynologie viel mehr
bedeutet. Hundefreunde leben nicht in Ausstellungshallen. Sie sind an verschiedenen
Hundesportarten beteiligt. Sie verbringen ihre Freizeit mit Hunden und wohnen mit
anderen Menschen zusammen, mit denen sie und ihre Haustiere in täglichem Kontakt
stehen. Seit ewigen Zeiten wohnen Hunde mit Menschen zusammen und erfüllen damit
verschiedenste Bedürfnisse. Wir finden stets neue Bereiche für unsere Hunde. Seltsamerweise
gibt es noch immer viele Menschen, die nichts von ihrem besten Freund, dem Hund,
wissen. Das führt zu Missverständnissen und manchmal sogar zu ernsthaften Problemen.
Tatsache ist, dass die Anzahl der von Familien gehaltenen Haustiere rasch zunimmt.
Wir müssen diesen Familien helfen und unser Wissen und unsere Erfahrung mit ihnen
teilen.
Gibt es in der Kynologie noch Bereiche, in denen Innovationen, unkonventionelle
Lösungen und publikumsorientierte Projekte notwendig sind?
Obwohl es heute haufenweise Informationen in den virtuellen Medien gibt, verlangen
die Menschen noch immer nach direktem Kontakt und „lebendiger“ Kommunikation insbesondere,
wenn es sich um ihre Haustiere handelt. Sie suchen nach zuverlässigen Informationsquellen.
Die Ausbildung der breiten Öffentlichkeit ist in unserem Land noch stets eine Neuheit.
Aus bestimmten Gründen war die Ausbildung auf bestimmte Zielgruppen, wie Hundezüchter,
Hundetrainer und Hundeführer beschränkt. Die Gesellschaft ist noch stets gespalten
in Hundefreunde und Menschen, die gegen Hunde sind. Das Ergebnis davon ist, dass
es Listen sogenannter „gefährlicher“ Rassen gibt und diskriminierende Gesetze und
Verordnungen. All dies ist die Folge einer fehlenden Ausbildung, was sich häufig
in einer unbegründeten Angst vor Hunden äußert. Es erscheint vielleicht ehrgeizig,
aber ich glaube fest daran, dass erzieherische Aktivitäten seitens der nationalen
kynologischen Organisationen die gesellschaftliche Einstellung gegenüber den Hunden
beeinflussen können. Weil unsere Aktivitäten sich an die breite Öffentlichkeit richten,
werden sie in Zusammenarbeit mit Tierschutzvereinen und anderen Organisationen durchgeführt.
Aus diesem Grund befürworten wir gemeinsame Projekte sowohl auf nationaler als auch
auf internationaler Ebene. Es wäre hervorragend, wenn wir die besten Praktiken zusammenstellen
könnten, um sie in den FCI-Ländern anzuwenden. Es ist nämlich nicht notwendig, das
Rad immer wieder neu zu erfinden. Wir sollten einfach die bekannten besten Praktiken
anwenden und weiter vorangehen.
Weitergehen... Litauen ist bezüglich der Kynologie noch immer ein sehr „junges“
Land. Ist das der Grund, warum Sie nach Änderungen und Erkenntnissen verlangen?
Das könnte zum Teil stimmen. Der litauische Kennel Club ist eine relativ junge Organisation.
Wir sind immer wissbegierig gewesen und werden es immer sein. Gleichzeitig ist uns
bewusst, dass es nicht ausreicht Wissen nur anzuhäufen, es muss auch unter die Leute
gebracht werden. Unser Ausbildungszentrum hatte keine leichte Anlaufphase. Es gab
viele Zweifel und Diskussionen darüber, ob eine kynologische Organisation sich auf
das Feld der Ausbildung begeben sollte. Derzeit zerstreuen sich die Zweifel. Wir
werden von den staatlichen Institutionen und der Gesellschaft unterstützt und freuen
uns über das Interesse der Jugend für die Kynologie.
Welche Botschaft möchten Sie der breiten Öffentlichkeit geben?
Unsere Kernbotschaft ist, dass Menschen und Hunde gut miteinander zurecht kommen
müssen. Davon profitieren beide Seiten. Wir müssen nur unsere Hunde besser verstehen
und Verantwortung für unsere Haustiere übernehmen. Dazu ist es wichtig, einen geeigneten
Kanal zu finden, um die Informationen zu verbreiten. Sie müssen für alle bereitstehen.
Der litauische Kennel Club bezuschusst Ausbildungsmaßnahmen. Empfängt Ihre Organisation
Signale über deren Nutzen?
Wir erwarten sichtbare Ergebnisse in etwa fünf bis zehn Jahren, vielleicht sogar
noch später. Allerdings stellen wir bereits jetzt eine bessere Wahrnehmung unserer
Organisation in der Gesellschaft fest. Das zeigt deren Entwicklung und Stärke. Wenn
es uns um den Gewinn gegangen wäre, hätten wir damit gar nicht erst angefangen.
Investitionen in Ausbildung machen sich nur sehr langsam bezahlt. Auf alle Fälle
rechnen wir mit einem gesellschaftlichen Nutzen, indem sich mehr junge Leute mit
der Kynologie beschäftigen, Hundeeigentümer verantwortlicher handeln, außerdem,
dass unseren Haustieren und unseren Hobbys mehr Aufgeschlossenheit entgegengebracht
wird.
Die Welt ist globalisiert. Sie stehen in regelmäßigem Kontakt zu den Leitungen anderer
kynologischer Organisationen und zu Ausstellungsrichtern und haben genug Gelegenheiten,
junge Leute mit ihren Hunden zu beobachten. Können Sie feststellen, dass sich die
Jugend für die Kynologie engagiert?
Die Hundefreunde sind eine ziemlich bunte Gesellschaft. Große Entfernungen, kulturelle
Unterschiede und Sprachbarrieren bilden für ihre Kommunikation keine Hindernisse.
Die Anzahl der Jugendlichen, die sich mit Kynologie beschäftigen nimmt zu, aber
wir würden uns mehr tatkräftige Beteiligung von der Jugend wünschen. Ich finde es
großartig, dass die FCI „FCI Youth“ geschaffen hat. Dadurch werden die jungen Leute
angeregt, sich an den kynologischen Aktivitäten zu beteiligen. Gleichzeitig wird
die Weiterbildung der breiten Öffentlichkeit gefördert. Die Jugend ist die Zukunft
unserer nationalen Organisationen und der Kynologie insgesamt. Deswegen müssen wir
heute für die kommenden Zeiten in sie investieren.
Das Interview mit Ramune Kazlauskaitė führte Daiva Kvedariene, Mitglied von FCI
Youth